Tagebuch




Auf den Spuren der Indianer

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Gabi im Gila Cliff Dwellings NM, NM

Kurzer Tagesbericht: Heute geht es sehr entspannt zu, denn wir haben „nur“ einen Ausflug geplant. nach einem guten Frühstück mache ich mich aber zunächst mal über die Fotos des Vortages und den noch fehlenden Tagebucheintrag her. Wir skypen mit den Eltern; zu Hause ist alles ok, das freut uns.

Als wir gegen 10:30 Uhr hier im Motel aufbrechen, sieht die Wetterlage gar nicht so toll aus. Ein paar dunkle Wolken zeigen sich am Himmel und es ist etwas kühl hier oben („high desert!“). Ein freundlicher Herr spricht uns an und berichtet, dass die Aussichten nicht gut seien und Richtung „Gila Cliff Dwellings NM“, unserem Ausflugsziel, mit Gewitter und sogar Hagel gerechnet werden müsse. Die Straße dorthin sei darüber hinaus sehr kurvenreich und eng, wie es dort mit „flash floods“ aussehe, könne er nicht sagen. Aber er gibt uns den Hinweis, wo wir hier im Ort im Visitor Center näheres erfahren können. Sehr nett!

Zunächst bessern wir unsere Vorräte, insbes. bzgl. Wasser, Obst und „salty snacks“ im nahen Albertson’s auf. Dann steuern wir das Visitor Center an.

Dort bestätigt uns die Rangerin die schlechten Aussichten, betont aber, dass der Ausflug „the one and only thing“ wäre, was sie machen würde, wenn Sie hier einen Tag zur Verfügung hätte. Im Übrigen gäbe es dort auch noch ein weiteres Visitor Center und Ranger am Trail. Also los!

Blick auf den Tankfüllstand: Soll für 130 Meilen reichen, eine Strecke sind 69 km - das sollte passen. Wir fahren über die „long an winding road“, den NM-Hwy.#15 immer bergauf und bergab. Das macht Spaß, geht aber - wie angekündigt - nur langsam vonstatten. Die Straße ist wirklich eng. 2 Stunden soll man jeweils veranschlagen für die knapp 70 km.

Plötzlich zappelt Gabi neben mir: ein Mule Deer steht am Wegesrand und hüpft ängstlich in den Wald. Ein wenig neugierig ist es aber doch. Fenster runter, Musik aus, langsam rollen, Kamera im Anschlag. Es gelingen ein paar schöne Fotos, eben weil das Tier mit der Zeit zur Ruhe kommt und auch so neugierig ist. Ganz im Gegensatz zu den Truthähnen, die aufgeregt von rechts nach links rennen - also kein Foto von den „Guru-Gurus“.

Nach einem Besuch im Visitor Center (davor steht ein Denkmal für den großen Apachen Geronimo, der hier geboren ist) mit 15-minütigem Film über das frühere Leben im Gila Cliff Dwellings NM geht es zum Trailhead. Dort spricht uns ein weiterer Ranger an und ergänzt zunächst das eben gehörte im Detail. Hier in diesem Tal mit den felsigen Berghängen sind sehr frühe Besiedlungen durch „Native Americans“, wie die Indianer offiziell genannt werden, nachgewiesen. Um 1.250 n.Chr. bauten sie hier die heute als Cliff Dwellings zu besichtigenden, den Pueblos angelehnte Bauten in natürlichen Höhlen, die ebenfalls frühere Besiedlungsspuren (ohne Bauwerk) aufweisen. Da oben waren die Leute vor Feinden und wilden Tieren geschützt; Wasser bezogen sie aus dem Gila River, der hier im Hintergrund auch heute noch plätschert.

Und dann gibt er noch eine Einweisung in den 1,5 Meilen langen Loop-Trail, der über engen Pfad durch Buschwerk, Bäume und Kakteen führt. Zwischendrin ein steiler Anstieg, dann die Anweisung, welche Höhlen begangen werden dürfen und worauf wir zu achten haben. Schließlich der Hinweis, unbedingt auf dem Weg zu bleiben, niemals abzuweichen und immer zu schauen, wohin man tritt und hinfasst. Viele Klapperschlangen sind hier zu Hause, eine (er nennt uns die ungefähre Stelle des Weges, wo sie sich regelmäßig aufhält) sei 3,5 feet (1 Meter) lang und schon sehr beachtlich. Zwei weitere Schlangenarten gibt es hier, beide ungiftig. Und natürlich Echsen etc. Er hat eine Tafel, auf der die heutigen Sichtungen an Schlangen und anderem Getier protokolliert sind.

Wir machen uns auf den Weg und scannen mit unseren Augen ständig die Gegend ab. Das macht so eine Wanderung gleich viel spannender, wenn es was zu sehen gibt. Und wir sehen einen Salamander, eine Echse, eine Raupe (die auch ganz fies nesselt, wenn sie in deinen Nacken fällt, erfahren wir später vom Ranger) und eine sehr große Eule, die im Geäst ruht. Keine Schlangen. Wenn wir ehrlich sind, würden wir schon mal gerne eine sehen, so aus sicherer Distanz. Nun ja, die Gelegenheit gibt es ganz sicher wieder in den nächsten Tagen in Tombstone auf der Ranch. Ich habe die Viecher aber lieber in der „freien Wildbahn“ und nicht da, wo ich mein Lager aufschlage. Ok, das konnte sich Old Shatterhand auch nicht aussuchen …

Die Behausungen sind eindrucksvoll und bieten wirklich guten Schutz. Gerade, als wir uns dort aufhalten, geht „draußen“ ein Regenguss runter, der sich gewaschen hat. Wir bleiben trocken, nur auf dem letzten Stück des Trails fallen nochmal einige dickere Tropfen.

Am Ende unterhalten wir uns noch lange mit dem Ranger, zeigen Fotos, er notiert unseren Salamander und die Echse an der Tafel und wir rollen heimwärts. Gleiche Strecke zurück - doof ist nur, dass ich auf dem Hinweg wegen der Bergetappen mehr Sprit verbraucht habe, als gedacht. Es wird sehr eng, passt am Ende aber doch so gerade. Als ich um eine Kurve fahre eröffnet sich der Blick auf einen tollen Regenbogen, später stehen 5 Mule Deer hinter einer weiteren Biegung mitten auf der Straße. Vollbremsung, hüpf, hüpf, hüpf (machen die Tierchen) - klick, klick, klick unsere Kamera.

Zur Feier des Tages laufen wir nochmal 2,5 km nach Downtown, um in der „Little Toad Creek Brewery“ einzukehren. Hier werden gleich mehrere Sorten Bier gebraut und auch Schnäpse destilliert. Ich probiere nacheinander ein „E9- Pale Ale“, ein „Big Ditch Brown Ale“ und schließlich ein „Bosque IPA“. Zum Teil sehr speziell und bitter, aber mir gefällt es. Dazu gibt es Fish-Tacos mexikanischer Art. Gabi startet mit einer Margarita und probiert dann das hier gebraute „Berry Cider“, das ihr sehr gut schmeckt. Ihr „Silver City Burger“ ist „hot & spicy“ und für sie so gerade an der Grenze, ich helfe ihr beim Verzehr.

Auch hier gibt es einige nette Gespräche und der junge Barkeeper versteht sein Handwerk, liefert eine sehenswerte Show ab und arbeitet wie ein Verrückter. Die Bude ist proppevoll, wir sitzen an der Theke und im Nebenraum wird unter lautem Beifall „Quiz“ gespielt wie jeden Mittwoch hier - deshalb ist es auch so voll hier heute. Am Ende unterhalten sich Gabi und ich ernsthaft darüber, wie viele große Bierflaschen (man bekommt das Gezapfte hier auch „to go“) auf den beiden Regalen an der Wand gegenüber stehen. Ich bleibe bei 15 und 14, Gabis Angaben wechseln zwischen 18/16 und 24/19. Ich mache ein Foto und gerade eben (ich schreibe diesen Eintrag wieder am „Morgen danach“) haben wir aufgelöst. Wer Recht hatte? Wird nicht verraten!

Auf dem Heimweg entdecken wir noch eine Skurilität: Ein Geschäft hat offensichtlich bereits für Halloween dekoriert - was es hier normalerweise zu kaufen gibt? Keine Ahnung, in den beiden Schaufenstern finden sich nur Skelette; schaut mal bei den Bildern.

Nun brechen wir Richtung Tombstone auf - ihr hört später von uns; liebe Grüße!

Tagesetappe: 146 Kilometer
Übernachtung: Econo Lodge Silver City, NM
© 2017 Gabi & Jürgen