Tagebuch




High Desert: ein Tag in Albuquerque

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Gabi vor der Casa Acoma (1.653 m), Placitas, NM

Die Idee, in diesem Urlaub verstärkt auf alternative Unterkünfte zu setzen hat sich schon jetzt mehr als gelohnt. Die Saguaro Lake Ranch war ja schon klasse, die Casa Acoma schlägt alles, was wir hier bisher kennen lernen durften um Längen. Gestern habe ich einige Fotos versprochen - ich habe einige wenige gemacht - schaut mal. da ist nicht nur die Herzlichkeit unserer Gastgeber, die uns jeden Wunsch von den Lippen ablesen und uns mit Tipps überhäufen. Das Haus an sich ist Gold wert und die Lage wirklich einzigartig. Daniel ist Bauunternehmer und hat das Haus 2007 gebaut als Anschauungsobjekt für potenzielle Kunden. Nach dem Crash 2008 in den USA mangelt es an zahlungskräftigen Interessenten und so ist er kurzerhand selbst in dieses von ihm designte Schmuckstück eingezogen. Vor 2 Jahren kam Christiane aus Belgien mit ihrem asiatischen Faible dazu (sie hat jahrelang in Tibet gelebt, kommt aus einer Künstlerfamilie und unterrichtet derzeit japanische Töpferkunst an der Uni hier in Albuquerque).

Nach dem Aufwachen meldet sich Johanna per Skype und ich mache mit ihr einen Rundgang über die „Hacienda“. Sie fragt, wie man sich hier orientiert - kluges Kind, sehr gute Frage, die Anlage ist wirklich weitläufig. Mit ihr komme ich auch durch den Wohnbereich mit Flügel und Gitarre (Daniels zierliche Tochter, die wir gestern kennen lernten, ist Opernsängerin) in die offene, riesige Küche, wo Daniel und Christiane schon das Frühstück für uns richten. Christiane hat gestern versprochen, extra Madelaines für uns zu backen - muss ich noch mehr schreiben über die Gastfreundschaft? Letztes Jahr waren sie in Costa Rica, u.a. um sich bzgl. Kaffeesorten zu orientieren. Die Auswahl ist phänomenal und wird wie der selbstgemachte Joghurt mit frischen Früchten in selbstgetöpfertem Porzellan gereicht.

Mit Daniel hatten wir gestern Abend darüber gesprochen, dass wir die Location „Albuquerque“ mit ihrem Ruf als Ballonfahrer-Mekka evtl. dazu nutzen möchten, Gabis Geburtstagsgeschenk einzulösen. Er eröffnet uns heute Morgen, dass er mit drei Firmen telefoniert hat und für morgen die Wetteraussichten leider nicht gut seien - zu viel Wind. Wir telefonieren gemeinsam mit dem Unternehmen, das er empfiehlt und buchen eine Ballonfahrt für Montag morgen, 06:45 Uhr. Da kommen wir auf dem Weg von Santa Fe Richtung Süden eh wieder hier vorbei - das passt super und die Wetteraussichten sollen dann besser sein. Lassen wir uns überraschen.

Christiane toastet uns leckeres Brot, nicht die übliche Supermarktware. Sie kocht 2 Eier auf den Punkt und zusammen mit den köstlichen, noch warmen Madelaines, Kaffee, O-Saft, Wasser und den diversen Marmeladen schlemmen wir fürstlich. Dabei berät uns Daniel bezüglich Restaurants, Unternehmungen für heute und die nächsten Tage - s-a-g-e-n-h-a-f-t!! Wir haben echt das Gefühl, hier Freunde fürs Leben gefunden zu haben.

Gemütlich lassen wir es angehen. Ich checke auch mal ein paar dienstliche Mails und schreibe den Kollegen in einer wichtigen Angelegenheit. Später starten wir zum Petroglyphs NM und erobern dort nach einem Abstecher zum Visitor Center den Rinconada Canyon Trail. 3,5 einsame km später haben wir viele 2.000 - 3.000 Jahre alte Zeichnungen der Ureinwohner dieses Landstriches gesehen, die sie in die offen liegenden Lavabrocken geritzt haben. Kultur pur.

Gleich hier in der Nähe liegt der heute morgen für die Ballonfahrt vereinbarte Treffpunkt. Sicherheitshalber steuern wir den kurz an - so fällt Montag in der Früh die Orientierung leichter. Dann navigieren wir in die Old Town von Albuquerque. hier ist auf den Zufahrtsstraßen Großbaustelle und wir müssen etwas herumgurken, um den Parkplatz zu erreichen.

2 Stunden bummeln wir durch den historischen Ortskern. New Mexico ist hier allgegenwärtig: Adobe-Bauten, Chilis, bunte Farben, entsprechende Musik, Läden und Gallerien. Wir schlendern durch eine größere Photogalerie und stellen fest, dass wir unsere Fotos auch mal drucken lassen sollten auf Alu und für richtig teures Geld verkaufen könnten - zumindest hier, denn die ausgestellten Exemplare sind unbestritten sehr gut, einige unserer Bilder können da aber gut mithalten, meint Gabi.

Als nächster Programmpunkt steht eine Fahrt mit der „Sandia Peak Tramway“, einer (oder sogar „der“?) längsten Gondelbahnen der USA an. Die Gegend hier liegt bereits auf rd. 1.800 m (1 Meile) und heißt deshalb auch „high desert“. Die Gipfel der unmittelbar angrenzenden und omnipräsenten Bergkette liegen eine weitere Meile höher auf über 3.500 m.

Wegen des heftigen Windes fährt die Bahn aber derzeit leider nicht, erklärt der freundliche Herr am Eingang der Talstation. Also Planänderung: sehr frühes Abendessen - oder spätes Mittagessen. Daniels Tipp für heute: das „Range Cafe“ in Bernalillo. 15 Minuten später sind wir dort - Autofahren hier ist wie immer ein Genuss für mich.

Die Burger (meiner mit „green Chili“) sind ebenfalls super und Onion Rings sowie Salat die perfekten Begleiter. Gabi genehmigt sich eine „Golden Margaritha“ und die Frage nach einem Dessert beantworten wir wie immer mit einem herzlichen „nein Danke“. Von den ausgestellten Portionen würde bei uns eine 7-köpfige Familie satt.

Nicht nur der Wind nimmt immer mehr zu, auch die Wolken über den Sandia Mountains werden immer düsterer. das wird heute nix mit dem Sonnenuntergang am Gipfel. Also fahren wir zurück zur Casa Acoma und quatschen mit Christiane. Längst haben wir beschlossen, unsere Souvenirs hier zu kaufen - eine schönere Erinnerung, als ihr japanisches Porzellan gibt es nicht. Wir suchen etwas aus und sie verpackt es uns mit ganz viel Sorgfalt „reisefertig“.

Etwas Bewegung muss nach den Burgern noch sein und da wir hier schlecht joggen können fahren wir trotz der dunklen Wolken noch mal los. Einige Meilen weiter gibt es einen Trailhead am Fuße der Sandia (ich will immer „Sangria“ schreiben, das muss am Wein liegen, den ich gerade trinke). Die Bewegung tut uns gut und wir drehen eine gute Runde.

Irgendwann reicht es dann aber und wir stoppen kurz am „The Merc“ Supermarket, wo ich eine Dose Bier erstehe, die verschämt US-typisch in einer braunen Papiertüte versteckt wird. Zu Hause angekommen setzten wir uns auf die überdachte Terrasse und beginnen damit, die Fotos zu sichten. Währenddessen packt der Sonnenuntergang alles aus, was er zu bieten hat. Zunächst wärmstes Abendlicht mit Farben, die knallen wie …. Die Berge hinten liegen immer noch in bedrohlich wirkenden Wolken. Dann ein Stück Regenbogen - klar, da hinten wird es wohl regnen, bei uns nicht. Und dann ist die Sonne fast weg und lässt die Wolken glühen. Farbenspektakel und selbst unsere Casa Acoma wirkt mystisch in dem Licht.

Als ich vor die Tür gehe, um eines der Fotos zu machen, verscheuche ich eine „Bobcat“ im Vorgarten. Das ist eine Wildkatze mit kurzem Schwanz - das Tier ähnelt einem Luchs; habe ich noch nie gesehen und wenn Christiane das gestern nicht erwähnt hätte, wäre mir die Zuordnung auch nicht so leicht gefallen. So schnell kann ich kein Foto machen, aber ich sehe sie in einiger Entfernung nochmal in Nachbars Vorgarten. Restlos begeistert von diesem Tag mache ich mich über mein Bier her. Wir suchen Fotos aus, Gabi schreibt Tagebuch, bis es völlig dunkel ist und diesen Beitrag habe ich nun auch innen geschrieben, weil hier keine Mücken, dafür aber Strom ist.

Fazit: suuuuuper Tag, beste Unterkunft und viel Vorfreude auf die kommenden Tage. Fest steht: diese Unterkunft bekommt 10 Punkte und einen fetten Marker unter „wiederkommen!“

Tagesetappe: 130 Kilometer
Übernachtung: Casa Acoma, Placitas, NM
© 2017 Gabi & Jürgen